Duitser Andreas Steinhöfel (1962) schrijft boeken en scenario’s
en vertaalt. Zojuist las ik met grote tegenzin de laatste regels van zijn Die
Mitte der Welt (Uitg. Carlsen, Hamburg 1998). Met tegenzin, want Die Mitte der Welt is zo’n boek waarvan
je niet wilt dat het ophoudt. Toen ik op de helft was, ben ik een paar dagen
gestopt met lezen om het onontkoombare einde uit te stellen. Nu ben ik weer begonnen met bladzijde 1 (“Eines
nasskalten Aprilmorgens bestieg Glass, die linke Hand am Griff ihres Koffers
aus abgewetztem Lederimitat, die rechte am Geländer einer wackeligen Gangway,
einen Ozeanriesen, der im Hafen von Boston zum Auslaufen nach Europa bereitlag.”)
Ter illustratie van zijn schriftstellende vaardigheden een
lang citaat uit zijn recente boek Anders (Königskinder Verlag, Hamburg
2014). Anders is dit jaar in Nederlandse
vertaling door Tjalling Bos uitgegeven bij
Hoogland & Van Klaveren, maar ik beveel het origineel aan. Al is het
maar vanwege de term “ästhetische Bankrotterklärung”. Maar ook door het gebruik
van guillemets ( » « ) als aanhalingstekens, dat ik zeer chique en hoogstaand
letterkundig vind. Gelukkig hebben Hoogland & Van Klaveren voor hun uitgave de illustraties van Peter Schössow overgenomen, want die zijn zo oogverblindend mooi (ze lijken licht uit te stralen).
Sabine hatte mehrfach vergeblich
an der Haustür geklingelt und eben kehrtmachen wollen, als Melanie Winter vom
Einkaufen gekommen war. Jetzt lehnten die Einkaufstüten nachlässig gegen ein
Sideboard. Sabine saß am Eßtisch, der das Zentrum der großen Küche der Winters
einnahm.
»Ich brauche einen Kaffee«, sagte Melanie
Winter. »Sie auch?«
»Gern, danke.«
Sabine sah sich unauffällig um. Der
Raum verfügte über jenen vom Zeitgeist diktierten Schick, für den man eigenen
Geschmack weder besitzen noch entwickeln mußte. Pflegeintensiven Möbel in
Glanzlack — rot, schwarz, gelb —, hier ergänzt durch Nippes ohne Seele, dort
durch dekorativen Plunder ohne Geist, eine ästhetische Bankrotterklärung, als Lifestyle etikettiert.
»Einen Fortissimo?«, fragte Melanie über die
Schulter. Sie stand bei der Anrichte, in einer Hand eine geöffnete Schachtel
mit Kaffeekapseln, über die sie suchend, aber routiniert die Finger der anderen
gleiten ließ.
»Wie bitte?«
»Das ist ein Lateinamerikaner. Eher dunkel
geröstet und sehr vollmundig in Geschmack.«
»Also …«
Ich
kann nicht glauben, daß ein lebendes, denkendes Wesen solche Sätze von sich
gibt. Und sie liest das nicht mal von der Packung ab, sie kann es auswendig!
»Oder einen Linizio?«, zählte Melanie Winter
weiter auf. Mit der rechten Hand hob sie eine goldorange glänzende Kapsel zur
Ansicht in die Luft. »Der wäre eher ausgewogen und ein bißchen malzig. Na, ist
besser um diese Uhrzeit. Ich mach uns einen Linizio. Das mögen Sie. Milch?«
»Bitte. Und keinen Zucker.«
Immerhin, überlegte Sabine, hatte sie für
einige kostbare Sekunden die Wahl gehabt. Fast jeder Mensch, da machte sie
selber bestimmt keine Ausnahme, war in irgendwelche Zwänge eingebunden, wurde
von inneren wie äußeren Einflüssen bestimmt, die sich seinem Willen und seinem
Zutun entzogen. Aber wer zwischen vollmundig
und malzig lebte, der lebte unmöglich
wirklich.
Andreas
Steinhöfel: „Anders“. Mit Bildern von Peter Schössow.
Verlag Königskinder, Hamburg 2014. 240 S., geb., € 16,90.